Historie

Wie ging das eigentlich damals los mit „Mächte, Mythen, Moddermonster“? Ich gebe ganz offen zu, die Erinnerung an die Anfangszeit ist ein wenig verschwommen und durch den Nebel der Zeit diffus geworden. Immerhin ist das nun schon über 30 Jahre her. Aber ich werde einfach versuchen, diese „wilde“ Sturm- und Drangzeit des deutschen Rollenspiels – während der ja auch „MMM“ entstanden ist – hier so gut als möglich wiederzugeben … Und ich warne gleich vor – es wird eine etwas längere Geschichte.

Ich selbst war beileibe nicht ganz unerfahren, was die Veröffentlichung von Magazinen (bzw. in diesem Fall Fanzines) anging. Ansonsten wäre es wohl auch gar nicht erst zur Umsetzung meines Rollenspiel-Regelwerks gekommen. Über Freunde hatte ich das deutsche Fantasy- und SF-Fandom kennen- und schätzen gelernt, und die Leute, die ich über die Jahre auf verschiedenen Conventions traf, wurden für mich zu einer Art Ersatzfamilie. Es dauerte auch gar nicht lange, da beschloss ich, eigene Fanzines herauszubringen. Denn das Schreiben von Fantasy-Kurzgeschichten hatte ich schon einige Zeit vorher für mich entdeckt. Dies war damals wohl durchaus eine gewisse Art von Flucht in imaginäre Welten und Abenteuer, was mir aber die großartige Möglichkeit offenbarte, mein kreatives Potenzial irgendwie anzu“zapf“en, bzw. überhaupt erst zu entdecken. So war ich zum Beispiel extrem stolz, als meine allererste Kurzgeschichte namens „Grauwald“ in der Schülerzeitung meiner damaligen Realschule erschien. Bestärkt und unterstützt durch Freunde erschien dann wie gesagt schon sehr kurze Zeit nach meinem ersten Kontakt mit dem Fandom das Fanzine „Einhorn“, das wenig später durch „From Sunrise to Sunset“ ergänzt wurde. Hierin veröffentlichte ich in erster Linie eigene Kurzgeschichten, aber auch Filmkritiken, Grafiken oder sogar kleine Comics befreundeter FandomzeichnerInnen. Auf schöne Grafiken legte ich bereits damals immer größeren Wert; und dankenswerterweise wurden mir diese kostenlos zur Verfügung gestellt oder sogar eigens für mich angefertigt (das ist definitiv ein Sache, die ich heutzutage sehr vermisse).


Wichtig für die Geschichte um MMM ist dabei aber vor allem, dass ich in dieser Zeit auch einen vollständigen Roman zu Papier brachte (und dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich schrieb damals alles zuerst handschriftlich auf Blöcken verschiedener Formate nieder). Diese Geschichte war dabei ein „klein wenig“ inspiriert durch u. a. „Der Herr der Ringe“, diversen anderen Fantasy-Romanen, aber auch „ElfQuest“ und nicht zuletzt einer dreiteiligen Comicreihe namens „Krieger der Geisterwelt“; zu meiner Ehrenrettung muss ich anmerken, dass sich der Roman bei jeder Überarbeitung immer weiter von seinen literarischen Vorlagen entfernte und deutlich eigenständiger wurde. Die in diesem ziemlich umfangreichen Werk entwickelte Welt, sowie ihre Kreaturen und Völker sollten später einen großen Teil des Hintergrunds für das Rollenspiel-Regelwerk ausmachen. Sie war quasi schon zu meiner „zweiten Heimat“ geworden. Insofern waren meine ausufernden schriftstellerischen Ergüsse – als alle meine handschriftlichen Aufzeichnungen bei einem meiner vielen Umzüge spurlos verschwanden – zum Glück nicht vollkommen vergebens. Meine ausschweifenden Geschichten (deren Schreibstil von Freunden gerne mal als „schwülstig“ beschrieben wurde) sowie verschiedene Fanzine-Projekte musste ich allerdings mangels Zeit auf Eis legen, als ich schließlich ernsthaft mit der Arbeit an „Mächte, Mythen,Moddermonster“ begann.

Und wie kam es dazu? Ich hatte schon öfter etwas von dem geheimnisvollen neuen Hobby namens „Rollenspiel“ gehört, konnte damit aber aufgrund fehlender Informationen schlicht und ergreifend nichts anfangen. Erst als ich eines Tages in meiner Lieblings-Buchhandlung über die „Das Schwarze Auge“-Box und die ersten vier Abenteuer stolperte, eröffnete sich mir dadurch diese faszinierende neue Spiele-Welt. Und ehe ich mich versah, leitete ich auch schon mein erstes Rollenspiel-Abenteuer, nämlich „Der Wald ohne Wiederkehr“. Obwohl meine Freunde und ich sofort den Reiz des Rollenspiels erkannten, ahnten wir damals noch nicht, welch starken Sog es erzeugen würde, der rasch dazu führte, dass uns „DSA“ nicht mehr „genug“ war. Daher probierten wir in den kommenden Monaten und Jahren immer neue Regelwerke aus, schlicht und ergreifend einfach alles, was wir irgendwie in die Hände bekommen konnten (ohne Internet tatsächlich gar keine so leichte Aufgabe).


Hinzu kam, dass ich in dieser Zeit meine erste eigene Wohnung bezog, die ich mir gerade eben so von meinem Ausbildungslohn leisten konnte. Und obwohl es eine Dachgeschosswohnung war, in der man im Sommer vor Hitze schier dahinschmolz und im Winter leicht mal als Eis“zapf“ en enden konnte, ging damit der Rollenspiel-Wahnsinn natürlich erst so richtig los. Kaum ein Abend verging jetzt noch, an dem wir uns nicht trafen, um irgendwas zu spielen, und die Wochenenden standen sowieso meist voll und ganz im Zeichen des Rollenspiels. Durchgezockte Nächte waren mehr oder weniger die Normalität und unsere kleine Gruppe verband der pure Spaß am Spiel.

Nachdem wir aber ziemlich viele Regelwerke zumindest mal angetestet hatten (im Falle von „Call of Cthulhu“ haben wir sogar fast ein Jahr lang ausschließlich dieses Rollenspiel gespielt), umfing mich wohl eine gewisse Form der geistigen Umnachtung, die vermutlich andere Möchtegern-Regelwerkschreiber irgendwann ebenfalls erlebt haben. Denn ich dachte mir, dass ich doch eigentlich genau DAS Spielsystem verfassen könnte, das unserer Gruppe – und natürlich möglichst vielen anderen SpielerInnen auch – am allerbesten gefallen würde. Und somit war der Grundstein für die vorliegende Version von „Mächte, Mythen, Moddermonster“ (und sehr, sehr viele durchgearbeitete Nächte) gelegt.

Die erste Fassung erschien wohl irgendwann zwischen 1986 und 1988. Relativ schnell runtergetippt auf meiner treuen mechanischen Reiseschreibmaschine, die bei mir regelmäßig für verknotete und fast gebrochene Finger sorgte. Es handelte sich um ein paar Handvoll DIN A4-Blätter, die sich in einem Schnellhefter befanden und natürlich sofort ausgetestet wurden. Ich schrieb (wie üblich per Kugelschreiber) zwei, drei erste Abenteuer und diese kamen – auch aufgrund der teilweise recht verrückten Ideen – ziemlich gut an. Was dazu führte, dass ich ernsthaft darüber nachzudenken begann, „MMM“ in „richtiger“ Form zu veröffentlichen.


Was mir dabei in die Hände spielte, war die Tatsache, dass ich während meiner Ausbildung zum Schriftsetzer (witzigerweise hatte der Gedanke, meine Veröffentlichungen aufgrund des dabei erlangten Fachwissens deutlich besser gestalten zu können, einen maßgeblichen Anteil an meiner Berufswahl) zumindest einen kleinen Teil des Regelwerks „professionell“ erstellen konnte. Aber der größte Teil entstand … oh ja, und das ist nun eine etwas längere Geschichte.

Jedenfalls bemerkte ich relativ bald, dass zwischen dem mal eben schnell so runter getippten, provisorischen ersten Regelheft und einer Version, die tatsächlich unter das Volk gebracht werden konnte, ein himmelweiter Unterschied bestand. Wie so oft ging ich also viel zu naiv an die ganze Sache heran. Aber von Anfang an …

Wie bereits erwähnt hatte ich in dieser Zeit ja meine erste eigene Wohnung bezogen. Und da wir uns so oft zum Spielen (oder für irgendwelchen sonstigen Unfug) trafen, musste ich tatsächlich dazu übergehen, meinem damaligen Freundeskreis ganz bewusst für Abende abzusagen, damit ich überhaupt dazu kam, etwas zu Papier zu bringen. Wie auch schon bei meinem Roman hatte ich den gesamten Text – ein buntes Sammelsurium an Aufzeichnungen und Beschreibungen – auf diverse Blöcke gekritzelt, wobei es mir bisweilen schon schwer fiel, meine eigene Handschrift zu entziffern. Oft genug verbrachte ich jede freie Minute damit, weiter an „MMM“ zu arbeiten; aufgrund der vielen Fahrten zu meiner ersten Freundin nach Hanau und wieder zurück, hatte ich unter anderem in den gemütlich dahinruckelnden Zügen ausreichend Gelegenheit dazu (habe ich eigentlich schon erwähnt, dass damals der Himmel voller Geigen hing und alles, einfach alles, möglich schien?). Mit diesen teils also eher krakeligen Notizen machte ich mich schließlich daran, das Regelwerk in eine ordentliche Fassung zu tippen. Eigens dazu hatte ich mir eine elektronische Schreibmaschine angeschafft. Und die war (für damalige Verhältnisse) wirklich ein wahres Wunderwerk der Technik. Es handelte sich um einen Tintenstrahldrucker, der meiner ollen Reiseschreibmaschine – mit der ich noch mühevoll meine Fanzines erstellt hatte – vom Schriftbild her um Welten überlegen war. Zudem verfügte dieses Zaubergerät über ein zweizeiliges Digital-Display, so dass ich vor dem Druck meinen Text noch korrigieren konnte. Was für ein Fortschritt! Dennoch machte ich natürlich Fehler, aber da ich für „MMM“ die gute alte Technik der Papiermontage anwandte, konnte ich diese nachträglich per Klebstoff, ausgedruckten Korrekturzeilen und viel Gefummel noch ganz gut ausbessern.

Aber zurück zum Anfang: Tagsüber war ich ja mit meiner Ausbildung zum Schriftsetzer beschäftigt, also blieben mir eigentlich fast nur die Abende, um an meinem eigenen Regelwerk zu arbeiten. Und diese erwiesen sich als viel zu kurz – kaum hatte ich damit begonnen, meine Notizen abzutippen, musste ich schon wieder ins Bett. Schlussendlich fand ich aber eine – ziemlich drastische – Lösung für dieses Problem: Ich nahm mir pro Woche ein bis zwei Tage fest vor, an denen ich die Nächte durchmachte. Kaum war ich also zuhause angekommen, setzte ich eine große Kanne starken Kaffees auf, machte die Stereoanlage an (Fernseher hatte ich noch keinen) und begann zu tippen. Das funktionierte weit besser als angenommen, und aufgrund dieser durchwachten und durchgearbeiteten Stunden in der Nacht kam ich erstaunlich schnell voran. Ich war jung und steckte den Schlafmangel ganz gut weg (oder dachte das zumindest). Bevor ich dann am nächsten Morgen völlig übernächtigt zu meinem Ausbildungsplatz aufbrach, duschte ich kurz und meine „Schicht“ ging dort weiter. Allerdings forderte der Schlafmangel dennoch seinen Tribut: So ertappte ich mich einmal dabei, dass ich vor lauter Müdigkeit morgens aus Versehen zwei Unterhosen angezogen hatte. Aber das ist eine andere Geschichte, die mich bis heute noch zum Schmunzeln bringt …

Ich erinnere mich wirklich noch gut an diese Zeit. Ich war hoch motiviert, „MMM“ voranzutreiben und fertigzustellen, und darum zog ich es auf diese Weise auch knallhart durch. Heute wäre ich dazu sicher nicht mehr in der Lage, ohne am Morgen vollkommen am Ende zu sein. Auch mein Ausbildungsbetrieb half mir (meist allerdings unbewusst), das Regelwerk zu komplettieren. Denn hier nutzte ich das brandneue Fotosatzsystem, um z. B. die Überschriften in den Büchern zu erstellen. Insofern hatte sich meine Wahl gerade dieses Berufes für mich zu diesem Zeitpunkt bereits ausgezahlt.

Was die Spielregeln von „Mächte, Mythen, Moddermonster“ selbst anging, so waren diese mehr oder weniger ein wüstes Sammelsurium aller Spielmechaniken, die ich bis dahin kennengelernt hatte und die ich persönlich einigermaßen gut und wichtig fand. Tatsächlich habe ich mir damals nie richtig Gedanken darüber gemacht. Aber ich merkte relativ rasch, dass ich kein richtiges Händchen für Spielregeln hatte. Denn eigentlich wollte ich immer schon viel lieber spannende Geschichten erzählen – ob nun auf dem Papier oder im Rollenspiel. Und nicht mit „unnötigem“ Regelkram. Das hat sich bis zum heutigen Tage auch nicht großartig geändert. Mit meiner jetzigen Erfahrung würde ich die ganze Sache vollkommen anders angehen, aber ich war jung, naiv und voller Tatendrang. Je eher das Regelwerk fertig war, desto besser! Zudem war es die Zeit, in der sich einige Kleinverleger mit eigenen Rollenspielen versuchten, warum also nicht auch ich? Immerhin funktionierten die Spielregeln leidlich gut, wenn sie auch teilweise unnötig sperrig und verkopft waren. Wie sehr manche SpielleiterInnen sich mit meinem Werk auseinandersetzten, das wurde mir erst einige Jahre nach der Veröffentlichung so richtig bewusst. Ich war damals auf einer Rollenspiel-Convention in Hanau zu Gast, auf der eine junge Spielleiterin allen Ernstes „MMM“ anbot. Inkognito schrieb ich mich in dieser Runde ein und begann gleich bei der Charaktererschaffung eine Diskussion mit ihr, weil ich der festen Überzeugung war, Elfen hätten Nachtsicht. Sie meinte, dem wäre nicht so. Und was soll ich sagen … sie hatte recht! Nach dem durchaus spannenden Spiel offenbarte ich ihr natürlich, dass ich „MMM“ geschrieben hatte – was sie mir aber nach meiner mangelnden Regelkenntnis nun schlicht und ergreifend nicht mehr glauben wollte.

Neben dem Text gab es allerdings ein weiteres Thema, das mir extrem wichtig war – nämlich die Zeichnungen für das Regelwerk. Ich war mir schon damals durchaus bewusst, dass ein von Fans produziertes Regelbuch ohne ansprechende Grafiken bei der nach wie vor stetig wachsenden Rollenspielgemeinde keine große Resonanz hervorrufen würde. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Zum Glück hatte ich über meine zahlreichen Conbesuche und die vorherige Arbeit an meinen Fanzines schon einige hervorragende ZeichnerInnen kennengelernt. Was sich nun als ganz großer Glücksfall herausstellen sollte. Wie es in dieser „guten alten Zeit“ im deutschen Fandom wirklich noch größtenteils üblich war, erklärten sich einige auf Anfrage sofort dazu bereit, mir stapelweise Zeichnungen zu überlassen. Und zwar völlig kostenlos! Klar, die wurden dann zwar größtenteils nicht eigens für „MMM“ angefertigt, aber dennoch war das schon mal ein ganz gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. Und in einigen Fällen – wie unter anderem bei Katja und Tora – waren durchaus viele Grafiken mit dabei, die exklusiv nur in meinen Fanzines oder nun anschließend in den Regelbüchern erscheinen sollten. Von einigen habe ich bis heute sogar noch die Originalzeichnungen … Ohne diese selbstlose Unterstützung hätte es „MMM“ in dieser Form sicher niemals gegeben.  

Den meisten Rückhalt gab mir in dieser Zeit aber zweifellos meine erste feste Freundin Anja, die wie ich ein echtes „Kind des Fandoms“ war und die ich auf einer „Star Wars“-Convention (wo auch sonst?) im Pfadfinderzentrum „Karlshof“ kennen gelernt hatte. Nachdem ich mich dann endlich dazu durchgerungen hatte, ihr auf der „Perry Rhodan-Weltcon“ (nochmal: wo auch sonst?) im Jahr 1986 meine Liebe zu gestehen, gab sie mir immer das Gefühl, so ziemlich alles schaffen zu können. Dafür bin ich ihr – neben sehr vielen anderen Dingen – immer noch wahnsinnig dankbar. Erwähnte ich eigentlich schon, dass das damals eine echt tolle Zeit der vielen spannenden Veränderungen für mich gewesen ist?  

Nach vielen durchwachten Nächten, Kannen voller Kaffee, einer stundenlang dudelnden Stereoanlage, jeder Menge Tipp-Ex, Klebstoff und nicht zuletzt einem Umzug von Augsburg nach Hanau, näherte sich dann das Regelwerk tatsächlich seinem Ende. Nun galt es allerdings noch, die Frage der Finanzierung zu klären. Von so etwas wie Kickstarter war man ja noch jahrzehntelang entfernt und eine Online-Suche nach günstigen Druckereien gestaltete sich mangels Internet auch eher … schwierig. Doch gemeinsam mit zwei Freunden aus Frankfurt schafften wir es schließlich, die erste Druckauflage mit 500 Exemplaren zu sichern. Was für ein Abenteuer! Aber mit „normalem“ Druck wollte ich es ebenfalls nicht bewenden lassen: Nein, die Papierfarbe sollte in Richtung eines Pergaments gehen, die Druckfarbe sollte statt schwarz kräftiges Braun werden und das Cover stellte ich mir zweifarbig vor (auch diese Sonderwünsche waren nicht so ohne Weiteres umzusetzen). Angelehnt war diese Farbgestaltung natürlich an den wunderschönen Werken aus der „Forgotten Realms“-Reihe, die mir optisch enorm gut gefiel. Auch damit versuchte ich, ein ansonsten vermutlich allzu sehr nach „Standard“ aussehendes Werk zu optimieren … Und als dann endlich die Bücher von der Druckerei geliefert wurden, stellte sich heraus, dass sich der Mehraufwand durchaus gelohnt hatte.

Noch eine kleine Anekdote am Rande: Die Druckerei hat uns nämlich ganz schön über den Tisch gezogen! Sie hatten ja den Auftrag, die drei Regelbücher – also Charakterwerk, Regelwerk und Hintergrundwerk – in einer Auflage von jeweils 500 Exemplaren zu drucken. In unserer Begeisterung über die fertigen Bücher prüften wir nicht nach, ob sie das auch getan hatte. Erst später, als sich die Buchvorräte dem Ende näherten, mussten wir frustriert feststellen, dass vom umfangreichsten Band, nämlich dem Charakterwerk, deutlich weniger Exemplare produziert worden waren. Wie auch immer, kaum war das Rollenspiel eingetroffen, gingen wir sofort daran, es auf Conventions zu verkaufen. Zwar noch verpackt mit einem eher semi-professionellen wiederverschließbaren Beutel, aber immerhin … Der Preis war eigentlich unschlagbar günstig (und in der Tat verloren wir mit jedem Conbesuch quasi Geld) und mit diversen Aktionen – wie z. B. mehreren gleichzeitig ablaufenden Spielrunden – machten wir ganz gut auf uns aufmerksam. Kurz und gut, „Mächte, Mythen, Moddermonster“ war zumindest im deutschen Rollenspiel-Fandom angekommen. Es sollte noch ein im gleichen Stil produzierter Abenteuerband und die erste Ausgabe des „em em em“-Magazins folgen, ehe unsere kleine Gemeinschaft leider zerbrach und damit auch der Traum eines gemeinsam betreuten sowie stetig weiter wachsenden Rollenspiel-Regelwerks.  


Aber nun mal Klartext: Wie kamen denn die Mächte und Mythen zu ihrem Moddermonster? Wie damals so oft üblich, war auch dies eine spontane und kaum durchdachte Entscheidung meinerseits. Ich hatte mir die ersten vier „Garfield“-Sammelbände gegönnt und fand dort einen kurzen Comic, in dem Garfield gegen seinen Erzfeind kämpft (ich meine mich daran zu erinnern, dass es ein Stück rohe Leber war). Und diesen Erzfeind nannte der faule Kater … Moddermonster! Irgendwie setzte sich das so in meinem Kopf fest, dass daraus schließlich der Titel des Regelwerks wurde. Das heißt, zuerst fand das Moddermonster und danach die Mächte und Mythen in den Rollenspieltitel (Letztere, weil es dadurch einfach so schön „rund“ klang). Natürlich gab es sofort mahnende Stimmen, die mir davon abrieten, ein eigentlich ernst gemeintes Rollenspiel-Regelwerk so zu nennen – und zumindest teilweise hatten diese Leute durchaus recht. Wie so häufig setzte ich mich darüber hinweg; denn bis zum heutigen Tag glaube ich fest daran, dass man sein Hobby einfach nicht zu bierernst nehmen sollte. Und wie ernst kann man denn bitte ein Rollenspiel nehmen, in dem es einen „Lustknaben“ als Charakterklasse gibt ..?

Lange Jahre wurde es nach dem ersten Rummel schließlich still um das Moddermonster und nur Märchen müder Moddermaster kündeten noch von seinem einstigen, recht kurzen Ruhm. Immerhin entschied ich mich Jahre später dazu, die getippten Druckvorlagen der Regelwerke zu digitalisieren und damit dieses Rollenspiel aus den 80-er Jahren mit all seinem kultigen old school-Charme wieder ins Leben zu rufen. Aber jetzt, ganze dreißig Jahre (!) nach seiner ersten Veröffentlichung, wird es allerhöchste Zeit dafür, „MMM“ schließlich in gedruckter Form auferstehen zu lassen. Und dies in limitierter Form für kurze Zeit! Denn das Moddermonster darf nicht sterben …

Bobingen, Januar 2019

Karl-Heinz Zapf